Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen (DAC 6)

  • Beitrags-Kategorie:Steuerberatung

Die Europäische Union erhöht die Transparenzanforderungen, um sogenannte potenziell aggressive Steuergestaltungen ausfindig zu machen. Wir unterstützen Sie gerne, den durch DAC 6 deutlich verschärften Offenlegungsvorschriften nachzukommen.

DAC 6 bezieht sich dabei nur auf grenzüberschreitende Steuergestaltungen. Das Gesetz, das seit dem 1. Juli 2020 in Kraft ist, regelt aber nicht nur für Fälle ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes die Meldepflicht (sog. Neufälle), sondern auch Altfälle, die den Zeitraum vom 25. Juni 2018 bis 30. Juni 2020 betreffen, sind von der Meldepflicht umfasst. Im DAC 6 werden bestimmte neue Begrifflichkeiten definiert, wie der Intermediär (der die Steuergestaltung konzipiert, vermarktet organisiert etc.), der Nutzer (dem die Steuergestaltung zugutekommt) und die Kennzeichen (die Kriterien für das Vorliegen einer meldepflichtigen Steuergestaltung). Außerdem wird durch DAC 6 festgelegt, wer welche Informationen innerhalb welcher Frist melden muss.


Wir möchten Sie mit dem vorliegenden Schreiben über die Anzeigepflicht von bestimmten grenzüberschreitenden Steuergestaltungen (sog. DAC 6) informieren und bieten Ihnen selbstverständlich unsere ganzheitliche Unterstützung bei dieser Thematik an. Gerne unterstützen wir Sie bei der Identifikation der meldepflichtigen Steuergestaltungen und dem DAC-6 Projektmanagement.


Die Anzeigepflicht betrifft dabei grenzüberschreitende Steuergestaltungen, deren erster Schritt der Umsetzung ab dem 25. Juni 2018 und bis zum 30. Juni 2020 unternommen wurde. Für diese sogenannten Altfälle ist die Anzeigefrist der 31. August 2020. Die Frist zur amtlichen Meldung an das Bundeszentralamt für Steuern für sogenannte Neufälle, deren erster Schritt ab dem 1. Juli 2020 unternommen wurde, hat hingegen innerhalb von 30 Tagen nach deren Bereitstellung zu erfolgen. Eine Fristverlängerung war aufgrund der COVID-19-Pandemie im Gespräch, wurde jedoch vom BMF verworfen, sodass für alle Beteiligte unverändert kurzfristiger Handlungsbedarf besteht. Der DAC 6 ist in den §§ 138d bis 138k Abgabenordnung normiert.


Eine meldepflichtige grenzüberschreitende Steuergestaltung liegt vor, wenn mindestens zwei unterschiedliche Staaten beteiligt sind und mindestens ein Kennzeichen (sog. Hallmark) im Sinne des § 138e Absatz 1 AO mit Test des Hauptvorteils (sog. Main-Benefit-Test, kurz MBT) oder des § 138e Absatz 2 AO (ohne MBT) erfüllt ist. Beim Main-Benefit-Test geht es darum, ob der Hauptvorteil oder einer der Hauptvorteile in der Erlangung eines Steuervorteils liegt. Dementsprechend sind steuervorteilhafte Gestaltungen ohne Auslandsbezug nicht meldepflichtig.

Eine Steuergestaltung im Sinne des DAC 6 ist gemäß Gesetzesbegründung

„ein Schaffensprozess, bei dem durch den Nutzer oder für den Nutzer eine bestimmte Struktur, ein bestimmter Prozess oder eine bestimmt Situation bewusst und aktiv herbeigeführt oder verändert wird und diese Struktur, dieser Prozess oder diese Situation dadurch eine steuerrechtliche Bedeutung bekommt, die ansonsten nicht eintreten würde.“

Sowohl die EU als auch der deutsche Gesetzgeber lassen an dieser Stelle bewusst Interpretationsspielraum, um möglichst viele Sachverhaltskonstellationen zu erfassen. Einschlägige Sachverhalte sind anhand der im FAQ genannten DAC 6-Kennzeichen (Darstellung in 2 Gruppen) abzuleiten.


Beispiele für potenziell meldepflichtige Steuergestaltungen im Sinne des DAC 6:

  • Vertraulichkeitsklausel und verbotene Weiterleitung der Gestaltung an Dritte ohne Zustimmung des Erstellers,
  • Erfolgsvergütung bei Eintritt des Steuervorteils,
  • Einsatz von Finanzierungs-, Einkaufs- oder Dienstleistungsgesellschaften in niedrig besteuerten Ländern,
  • Goldfinger-Modell,
  • Einlage einer Forderung und Umwandlung in steuerbefreite Dividendenerträge,
  • Lizensierung von IP einer inländischen Muttergesellschaft an eine niedrig besteuerte Auslandsgesellschaft zur Produktion eines Wirtschaftsguts und Rückveräußerung des produzierten Wirtschaftsguts an die Muttergesellschaft,
  • Einlage von Barmitteln in eine Finanzierungsgesellschaft und Rückgewähr der gewährten Barmittel als Darlehen unmittelbar im Anschluss an die Einlag,
  • Mehrfache Abschreibung durch mehrfache Zurechnung im Rahmen eines Leasings
  • Umgehung der Informationsaustauschmeldepflicht, wenn nicht wirtschaftlich begründet

Im nachfolgenden Abschnitt gehen wir auf die einzelnen Akteure, die Kennzeichengruppen und den Meldeprozess im Rahmen eines FAQ ein:

Wer ist für die Meldepflicht verantwortlich?

Grundsätzlich ist der sogenannte „Intermediär“ meldepflichtig. Unter bestimmten Voraussetzung ist aber auch der Nutzer meldepflichtig. Zudem kann es zu einer kooperativen Meldepflicht von Intermediär und Nutzer kommen.


Wer ist ein Intermediär?

Der Intermediär ist dabei derjenige, der eine grenzüberschreitende Steuergestaltungen konzipiert, vermarktet, organisiert, zur Nutzung bereitstellt oder die Verwaltung zur Umsetzung übernimmt, z.B. Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte, Banken, Finanzdienstleister und andere Berater oder aber auch eine Konzernsteuerabteilung. Meldepflichtig ist der Intermediär mit Inlandsbezug. Im Einzelfall können auch mehrere Intermediäre beteiligt sein.


Wer ist ein Nutzer?

Die Arbeit des Intermediärs kommt dem sogenannten „Nutzer“ zugute. Nutzer ist die Person, die eine Steuergestaltung bereitgestellt bekommt, bereit ist, die Steuergestaltung umzusetzen oder den ersten Schritt zur Umsetzung gemacht hat. Bei Fondsstrukturen ist es die Kapitalverwaltungsgesellschaft, insofern im Inland ansässig. Meldepflichtig ist der Nutzer, wenn er die Gestaltung selbst erstellt hat (Inhouse Steuergestaltung), ein Intermediär keinen Inlandsbezug hat oder dieser zur Verschwiegenheit verpflichtet ist. Außerdem besteht eine kooperative Meldepflicht, wenn der Intermediär anonymisierte Daten übermittelt, die vom Nutzer zu ergänzen sind. Diese Meldepflicht wird, sozusagen in einem ersten Schritt, gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern wahrgenommen, wobei anonymisiert wesentliche Eckdaten der steuerlichen Gestaltung offen gelegt werden müssen. Das Bundeszentralamt erteilt sodann dem Intermediär Registrier- und Offenlegungsnummern, mit denen die jeweilige Gestaltung amtsseitig identifiziert werden kann.


An wen hat die Meldung zu erfolgen?

Die Meldung erfolgt an das Bundeszentralamt für Steuern im Rahmen eines speziellen elektronischen Meldeverfahrens.


Was sind Kennzeichen bzw. sogenannte Hallmarks?

Die Kennzeichen / Hallmarks sind die Kriterien für das Vorliegen einer meldepflichtigen Steuergestaltung. Insgesamt sind 16 Kennzeichen zur Prüfung vorgesehen, die in 2 Gruppen zu unterteilen sind. Bei der ersten Gruppe von 7 Kennzeichen ist zusätzlich ein Main-Benefit-Test notwendig. In der zweiten Gruppe und den verbleibenden 9 Kennzeichen ist kein steuerlicher Vorteil notwendig.


Was ist unter dem Main-Benefit-Test (MBT) zu verstehen?

Der Main-Benefit-Test ist eine Zusatzvoraussetzung, z.B. die Erstattung von Steuern, die Gewährung oder Erhöhung von Steuervergünstigungen oder die Erhöhung von Steueransprüchen oder aber auch temporäre Verschiebungen von Steuerzahlungen in andere Zeiträume, und prüft, ob die Gestaltung steuerlich motiviert und einer der Hauptvorteile ist.


Was fällt unter die 1. Gruppe von Kennzeichen mit MBT?

  1. Vereinbarung einer Vertraulichkeitsklausel (A1)
  2. Erfolgsvereinbarung (A2)
  3. Standardisierte Dokumentation / Struktur (A3)
  4. Erwerb von Unternehmen mit Beendigung der Tätigkeit zur Verlustnutzung (B1)
  5. Umwandlung von Einkünften in Vermögen mit niedrigerer Besteuerung (B2)
  6. Zirkuläre Transaktionen (B3)
  7. Abzugsfähige Zahlungen, die im Zielstaat keiner odereiner niedrigen Besteuerung unterliegen (C1)

Was fällt unter die 2. Gruppe von Kennzeichen ohne MBT?

  1. Abzugsfähige Zahlungen, wenn der Empfänger in keinem Land oder in einem OECD-Blacklist-Staat ansässig ist (C1)
  2. Mehrfach-Abschreibung desselben Vermögensgegenstands (C2)
  3. Mehrfache Befreiung derselben Einkünfte von der Doppelbesteuerung (C3)
  4. Übertragung von Vermögensgegenständen mit wesentlich unterschiedlichem Wertansatz (C4)
  5. Aushöhlung der Mitteilungspflicht gem. des automatischen Finanzkonteninformationsaustauschs (D1)
  6. Verschleierung der Identität der wirtschaftlich berechtigten (D2)
  7. Nutzung einer unilateralen Safe Harbour-Regelung (E1)
  8. Übertragung schwer zu bewertender immaterieller Werte an verbundene Unternehmen (E2)
  9. Übertragung von Funktionen, Risiken oder Wirtschaftsgütern zwischen verbundenen Unternehmen, sodass die EBIT-Prognose des Übertragenden über 3 Jahre um mehr als 50 % sinkt (E3)


Was ist in der Steuererklärung anzugeben?

In der Steuererklärung der betroffenen Steuerart des Nutzers sind die Registrier- und Offenlegungsnummern anzugeben, welche dem Intermediär vom Bundeszentralamt für Steuern für eine verwendete steuerliche Gestaltung erteilt wurden. Im Fall der kooperativen Meldepflicht ist ebenfalls die Offenlegungsnummer des Intermediärs in der Steuererklärung anzugeben.


Wie sehen die Sanktionen aus?

Bei Nichtangabe in der Steuererklärung droht ein Bußgeld von bis zu EUR 25.000, ebenso wie bei einer nicht fristgerechten, unvollständigen oder unterlassenen Meldung der steuerlichen Gestaltung von Neufällen durch den Intermediär. Bei fehlerhaften oder verspätet angezeigten Meldungen von Altfällen droht kein Bußgeld.

Wir unterstützen Sie gerne bei der Identifikation der meldepflichtigen Steuergestaltungen und des Intermediäres bzw. des zur Meldung verpflichteten Beteiligten sowie dem DAC-6 Projektmanagement und stehen Ihnen gerne für Ihre Fragen rund um das Thema DAC6 zur Verfügung.