Urteil: Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei einem in Abschnitten errichteten Gebäude

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 29.04.2020, XI R 14/19

Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei einem in Abschnitten errichteten Gebäude


Leitsatz:

„Wirtschaftsgut“ im Sinne des § 15a UStG und damit Berichtigungsobjekt ist bei einem in Abschnitten errichteten Gebäude der Teil, der entsprechend dem Baufortschritt in Verwendung genommen worden ist.


Streitfrage:

In diesem Gerichtsverfahren ist strittig, ob die Bagatellgrenzen der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung für eine Vorsteuerberichtigung überschritten worden sind.


Hintergrund:

Ändern sich bei einem Wirtschaftsgut, das nicht nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet wird, innerhalb von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse, ist für jedes Kalenderjahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Abzugs der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge vorzunehmen. Bei Grundstücken einschließlich ihrer wesentlichen Bestandteile tritt an die Stelle des Zeitraums von fünf Jahren ein Zeitraum von zehn Jahren.

Allerdings kann aus Vereinfachungsgründen eine Berichtigung entfallen, wenn sich bei einem Wirtschaftsgut in einem Kalenderjahr die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse um weniger als zehn Prozentpunkte geändert haben. Das gilt jedoch nicht, wenn der Berichtigungsbetrag die Bagatellgrenze von 1.000 Euro übersteigt.


Erkenntnisse aus dem Urteil:

Der Wortlaut der Berichtigungsvorschrift nimmt im Rahmen des verlängerten Berichtigungszeitraums Bezug auf die zivilrechtliche Beurteilung eines Grundstücks. Danach wäre das gesamte Gebäude für die Prüfung der Bagatellgrenzen maßgeblich.

Allerdings verlangt das Gesetz auch, dass das Wirtschaftsgut bereits verwendet wird. Der noch nicht verwendete Teil des Gebäudes ist noch nicht Gegenstand der Vorsteuerberichtigung. Somit führt eine nur teilweise erstmalige Verwendung des Gebäudes zu getrennten Berichtigungsobjekten.

Dabei sind die aus Vereinfachungsgründen getroffenen Regelungen der Bagatellgrenzen im Lichte dieses Grundgedankens auszulegen und beziehen sich daher nur auf das bereits verwendete Objekt bzw. den entsprechenden Gebäudeteil.


Handlungsempfehlung:

Bei jeder erstmaligen Verwendung oder Nutzungsänderung eines Gebäudes im umsatzsteuerlichen Unternehmen muss sorgfältig für jeden einzelnen Gebäudeteil in Nutzung geprüft werden, ob eine Vorsteuerberichtigung durchzuführen ist oder aufgrund der Bagatellgrenzen entfallen kann.